Sonntag, März 08, 2009

Rachel Getting Merried (Jonathan Demmi)

Ein versucht europäisch angelegtes Familien-Drama im Dogma-Stil vom US-Regisseur Jonathan Demmi (z.B. auch Silence of the Lambs), in dem es um Drogensucht, einen tragischen Unfall in der Familie, bei dem der kleine Bruder ertrank, und die Hochzeit einer Schwester ging. Es war hart, ein Interesse für die Handlung und die Charaktere zu entwickeln. Aber nach 3/4 des Films rangen wir uns dann durch, ihn doch zu Ende zu schauen. Keine Meisterleistung.

Freitag, Februar 27, 2009

Fincher: The Curious Case of Benjamin Button (Brad Pitt and Cate Blanchett)

Benjamin Button war gut, besser als ich dachte. Obwohl ich in der Mitte - nachdem ich mein Bier ausgetrunken hatte - ein kleines Schläfchen einlegen musste. Mein Gott, ich werde alt. Aber Buttons Geschichte, in der er alt geboren wird und durch die Jahre immer jünger wird, war faszinierend erzählt. Ähnlich wie Forrest Gump erlaubt so eine Geschichte natürlich das Ineinandernähen von zahlreichen historischen Geschehnissen, aber auch die alltagsphilosophische Reflexion über Zeit, Tod, Liebe, Alter, Jugend und das Leben überhaupt. Etwas nervig war die Rahmenhandlung, die 2007 in einem Krankenhaus in New Orleans spielte. Hier eben lag die Erzählerin der Geschichte im Sterben. Das war nur mäßig interessant und ziemlich unnötig. Der Film hätte ohne diesen Rahmen vielleicht um ein Viertel gekürzt werden können. Aber egal, die Zeit war gut investiert. Ich habe mich gut unterhalten gefühlt und der Film schwingt sogar nocht etwas mit einem mit, wenn man das Kino verlässt. Denn die Bilder waren wirklich gekonnt inszeniert.

Tarantino: Inglorious Basterds (2009)

Montag, Januar 19, 2009

Willkommen bei den Ch'tis von Dany Boon mit Kad Merad

Wenn ihr diesen Film noch nicht gesehen haben solltet, dann rein ins Kino. Sofort! Am besten in Französisch mit deutschen Untertiteln. Flasche Bier, was zum Knabbern und dann weggehauen vor Lachen! Es war mit Sicherheit das lustigste Kinoerlebnis der letzten zwei Jahre. Wer die Franzosen etwas kennt, kann sicher noch mehr lachen. In so vielen kleinen Dingen habe ich meine Freundin und ihre Familie wiedererkannt. Aber auch ohne das, macht er unendlich Spaß. Schon durch seine Situationskomik und die Kombination aus passgenauem Erzählen und identifizierbaren Figuren. Dieser Film ist eine ganz große Lehrstunde für das deutsche Möchtegern-Kino, dass ja angeblich dauernd zurückkommt und dann doch nur langweilt.

Burn After Reading von den Coen Brüdern mit George Clooney, Frances McDormand, John Malkovich, Brad Pitt

Ich bin ein Fan der Coen Brothers und habe die meisten ihrer DVDs. No Country for Old Men ist eine Art Altar des Films für mich. O Brother where art thou ist große Gesamtkunst und The Man who wasn't there ist unglaublich faszinierend. All das kann ich von Burn After Reading nicht sagen. Vielleicht muss ich es auch erst noch einmal sehen. Ich fand's etwas flach und albern. Trotzdem habe ich natürlich meinen Spaß gehabt. Und das ist vielleicht schon alles, was man manchmal erwarten kann.

The Wrestler von Darren Aronofsky mit Mickey Rourke

Dieser Film war es Wert, ins Kino zu gehen. Rourke ist Spitze und stellt den abgehalfterten Wrestler in all seinen Facetten dar. Es ist ein trauriges Leben, das einen befallen kann, wenn man seine Jugend konsequent im Hier und Jetzt verbringt und dabei das unweigerlich kommende Alter und seine Bedürftikeiten aus den Augen verliert. Clint Eastwood hat solche Themen auch angefasst, aber da ging es eher um die Schwäche, die sich über einen stülpt und ihren Ausgleich in einer Art Weisheit findet. Bei de Niro und Nicholson ist es nur noch albern. Bei dem Wrestler ist es existentiell. Hier geht es um Leben und Tod. Viel hat er nicht in seinem Leben, keine Familie, kein Zuhause, nichts materielles. Eigentlich hat er nur die Show, ohne die ist er tot. Für sie tut er alles, er kann nichts anderes als Kämpfen. Es ist ein trauriger Film, der die Unabänderlichkeiten nicht verherrlicht, sondern sie knallhart zeigt. Es geht uns allen am Ende so. Wir gehen wie wir kommen: strampelnd und schreiend. Irgendwie hat auch der Wrestler seine Würde wieder, weil er weiß, was er tut. Er weiß, dass er geht und dass es nicht gut aussieht. Persönlich würde ich es lieber machen, wie Clint Eastwood, ehrlicher und weniger geschönt ist sicher, was uns Mickey Rourke zeigt.

Medienwandel

Lange ist's her, dass ich hier etwas geschrieben habe und das liegt an mehreren Dingen, zusammengefasst: Ich bin nicht mehr so oft ins Kino gegangen. Daran ist das schlechte Wetter Schuld, der lange Weg in die Stadt und das verdammte Internet. Ich gebe es zu, ich sehe immer mehr Filme zu Hause, einfach, weil sie so hereinflattern. Natürlich gibt es immer noch Filme, die man nur im Kino wirklich genießen kann. Aber beispielsweise die neuen Woody Allan Filme (und ich bin ein Fan) kann man auch zu Hause sehen. Und genau das habe ich nun viel zu oft getan.

Die letzten Kino-Filme, an die ich mich noch erinnern kann, waren Burn after Reading (Oktober), Wilkommen bei den Sti (Dezember) und The Wrestler (Januar).

Sonntag, Juli 27, 2008

Batman - The Dark Knight (Christopher Nolan)

Am Freitag Abend hatten wir Nolans Batman Begins auf DVD gesehen, weil wir am Samstag The Dark Knight sehen wollten. Dabei sind wir fast eingeschlafen. Das liegt sicherlich auch daran, dass so ein Film auf einem Lap-Top-Screen nicht richtig gut rüberkommt. Zum anderen lag es aber auch daran, dass einfach zu viel gequatscht wurde, zu viel erklärt. So ein Action-Super-Hero-Movie soll uns doch einfach gedankenlose Action bringen, so dachte ich, und nichts erklären.

Dann in The Dark Knight wurde alles besser: 1. war es knallharte Action und 2. wurde eine ganze Menge philosophische Grundierung mitgeliefert, in einer überaus erfrischenden Art und Weise vor allem durch den Joker. Heath Ledger war ohnehin der Höhepunkt in der Besetzungliste, Christian Bale mag ich auch, den Rest ist nicht so der Hammer, besonders das Batman-Girl kann man vergessen und natürlich muss auch der beknackte Morgan Freeman eine Art Q spielen. Die Philosophie beschränkt sich im Wesentlichen auf moralische Spieltheorie und vor allem das ewige Das-Gute-gegen-das-Böse-Thema, das aber ganz geschickt und ergötzlich gemacht. Irgendwie drängt sich auch der Vergleich mit dem Terrorismus auf, aber all das ist natürlich subjektiv ausblenbar. Man kann sich den Film auch einfach wegen der guten Action-Szenen ansehen, besonder die Verfolgungsjagden mit diversen Gefährten sind spannend. Die Charaktere, ihre Entscheidungen (z.B. Batmans Entscheidung gegen die Liebe und für den Nachfolger) und Eigenarten sind gut geschrieben. Alles in allem eine gute Unterhaltung über 2,5 Stunden.

La Graine et le Mulet

Interessanter süd-französischer Film, der mir wieder gezeigt hat, wie unterschiedlich die Mentalitäten in Europa sein können und warum es auch daher oft schwierig im Leben und der Liebe miteinander sein kann. Hafsia Herzi spielt ihre Rolle super. Kein oberflächlich mitreißender Film, mit einigen Längen, die mir ab und zu auch akustisch sehr auf die Nerven gegangen sind. Trotzdem hat er sich in mein Gedächtnis gespielt.

Sonntag, April 27, 2008

Persepolis (Vincent Paronnaud, Marjane Satrapi)

Der Kinofilm Persepolis (der Name der Hauptstadt des antiken Perserreichs), den wir gestern sahen, war etwas enttäuschend. Es geht um ein Mädchen, das als Kind all die Wirren im Iran der 70ger und 80ger Jahre mitmacht, nach Österreich und schließlich nach Frankreich zieht. Ich fand erst schon einmal den Ansatz problematisch: dieses Mädchen kommt aus einer der wenigen reichen und privilegierten Familien, die es sich leisten konnten, ihre Kinder auf ausländische Schulen zu schicken und ihnen damit wenigstens zum Teil die Einschränkungen und sogar Grausamkeiten des eigenen Landes zu ersparen. Die Erzählerin hingegen schildert ihr eigenes Leben aus einer Märtyrer-Perspektive und mit einer unangebrachten Gewissheit, dass ihre Geschichte irgendwie interessanter wäre, als ein Artikel in einem Geschichtsbuch. Wenn die Geschichte von ihrer von sich eingenommenen Heldin abstrahierte, war es genau das: wenig unterhaltsamer Geschichtsunterricht. Und wenn die Geschichte sich um dieses Mädchen drehte, dann war es einfach nur ärgerlich mitanzusehen, wie eingeschränt ihre Selbstwahrnehmung ist. Z.B.: Ihre Eltern schicken sie auf ein französisches Eliteinternat in Wien und alles was sie dazu erzählt, läuft am Ende darauf hinaus, wie dumm die Österreicher sind, wie bescheuert das Leben dort ist und dass sich niemand so richtig um ihre Herkunft und Erlebnisse schert. Das war mir für eine autobiographische Erzählung, die Themen wie Demokratie und Geschlechterrollen thematisieren wollte, etwas zu wenig reflektiert. Entweder die Geschichte hätte aus einer ganz anderen Perspektive erzählt werden müssen oder die Erzählerin und Heldin hätte sich mal in Relation zu den anderen, weniger glücklichen Altersgenossinin ihres Landes setzen können. Was sicher auch nicht weiter half, war dass wir den Film in der amerikanisch vertonten Fassung sahen. Die Iraner, die mit einem amerikanischem Englisch redeten, waren nicht sehr überzeugend. Was man dem Film zugute halten sollte, ist, dass er Menschen (oder eben Comicfiguren, die Menschen darstellen) und ihren Alltag zeigt, so dass wir verstehen, dass es sich nicht um eine homogene Masse von Islamisten oder sonstwie stereotypisierte Isten handelt, sondern eben um Individuen.

Sonntag, März 02, 2008

Before the devil knows you're dead (Sidney Lumet)

Ein ziemlich verstörender New-York-Film, in dem zwei Brüder das Juweliergeschäft ihrer Eltern überfallen lassen. Alles war gut geplant und trotzdem ging es schief. Die Mutter der beiden wird getötet und der Vater kommt den beiden schließlich auf die Schliche. Dazu gibts ein paar Milleubilder, etwas Psychologie, etwas Blut und ein paar halbwegs experimentelle Schnitte, die uns in der erzählten Zeit hin und her springen lassen. Seymour-Hoffman und Eathan Hawk sind natürlich sehenswert. Nicht wirklich atemberaubendes, aber ganz gut gemachtes Kino, das einen am Samstag Abend zu unterhalten vermag.

Sonntag, Februar 03, 2008

Sweeney Todd und Walk Hard


In den letzten zwei Wochen haben wir Sweeney Todd und Walk Hard gesehen. Dafür muss man nicht unbedingt ins Kino gehen, finde ich. Sweeney Todd befriedigt gewissermaßen ein Verlangen nach düsterer Ästhetik (das ich gar nicht habe) und wenn man Johnny Depp wirklich ganz doll mag (was bei mir inzwischen nicht mehr der Fall ist), dann wäre das ein weiterer Grund, sich vielleicht die DVD auszuleihen. Walk Hard bringt einem wenigstens zum Lachen, besonders wenn man Walk the Line und The Doors gesehen hat. Da wird ganz amüsant aber wenig subtil mit Anspielungen um sich geworfen. Ein kleiner Tabubruch war auch dabei: ohne weitere Funktion kommt einige Male ein beschnittener Penis ins Bild. Skurril sind auch Jack White als verpeilter Elvis und Jack Black als Paul McCartney. Wie die Beatles beim Meditieren in einem buddhistischen Tempel plötzlich übereinander herfallen, das war wirklich gut.

Dienstag, Januar 15, 2008

No Country for old Men

(Ethan Coen und Joel Coen, Tommy Lee Jones, Javier Bardem, Josh Brolin, Woody Harrelson)

Die Blutspur - das ist, worum es geht. Jäger und Gejagte. Am Samstag sahen wir zusammen mit Daniela und Antoine die Preview des neuen Coen-Brother-Films No Country for old Men. Der Film ist eine einzige Blutspur mit bösem untergründigen, beinahe unmenschlichem Humor. Selbst der Serienkiller wird angeschossen, solange sie jedoch nicht tot sind, jagen sie weiter. Javir Bardem spielt den supergruseligen Killer, den kalten Soziopathen, der nur seinen eigenen Regeln gehorcht und dem Trieb, das Opfer bis in den Tod zu jagen. Nicht nur sein Vorgehen beim Töten ist kalt und grausam, auch seine verstörende Art zu kommunizieren, indem er seinen Opfern (fast jeder, dem er begegnet wird sein Opfer) Fragen stellt, die ihnen die Nerven blank legen. Ich hätte einen kompletten Film sehen können, der nur aus diesen kalten und bösen Monologen besteht. Es ist, als reißer er mit einem Satz die Psyche seines Gegenübers auf und sie fängt an zu bluten und er lässt nicht nach, diesem Blut nachzuspüren, bis der andere zu Tode gehetzt ist. Das Motiv der Blutspur zieht sich von Beginn an bis zum Ende durch den Film. Immer wird jemand angeschossen, ein Tier, ein Mensch, und verliert sein Blut. Diese Spur wiederum führt zur nächsten Bluttat. "You can’t stop what’s coming. It ain’t all waiting on you. That’s vanity." Diese drei Sätze beenden ziemlich mysteriös den Film. Es gibt eine Menge Fragen, Andeutungen und Unklarheiten. Diese wirken zum Teil einfach wie gewollte Lücken, die z.B. durch eine Lektüre des Buches von Cormack McCarty geklärt würden. Das Ende jedenfalls ist im Buch ein anderes. Dort überbringt der Killer am zum Schluss das Geld an seinen Auftraggeber, wiederum ein Fremder, der in der Handlung zuvor nicht auftauchte. Die Coens haben keinerlei Scheu, das Publikum zu enttäuschen und in die Irre zu führen und das muss man ihnen hoch anrechnen. Sie sind keine Hollywood-Nutten. Nur beim Ort des Geschehens sind sie kein Risiko eingegangen: Texas ist für diese Art Film natürlich die beste Wahl, fast etwas zu einfach, aber andererseits eben das perfekte Setting. Es ist erst Januar, aber ich wage zu bezweifeln, dass es in diesem Jahr noch einen Film geben wird, der mich so fesselt, so gruselt, so fasziniert in fast allen seinen Aspekten. Am Sonntag Abend dann haben wir uns noch einmal Fargo auf DVD angesehen. In einiger Hinsicht sind sich diese beiden Filme ähnlich. Nur: No Country for old Men ist ein Meisterwerk.

Sonntag, Januar 06, 2008

We Own the Night von James Gray mit Joaquin Phoenix, Eva Mendes, Mark Wahlberg und Robert Duvall


Eigentlich wollten wir "I'm not there" sehen - ein Bob Dylan Biopic von Todd Haynes. Aber nach unserem Käse-Shopping im Cheese Monger waren die IFI-Tickets ausverkauft. Wir beschlossen einmal quer durch die Stadt zum anderen Kino zu laufen und zu schauen, was es sonst noch so gab. Schließlich haben wir We Own the Night von James Gray gesehen. Ich muss sagen, dass in Dublins Kino verglichen mit Berlin richtig was los ist. Es gibt einige interessante Filme zur Zeit. In Berlin lief im Dezember nur Schrott. We Own the Night mit Joaquin Phoenix, Eva Mendes, Mark Wahlberg und Robert Duvall ist wirklich sehenswert. Joaquin Phoenix spielt Mark Wahlberg natürlich voll an die Wand, aber Eva Mendes ist ein Augenschmaus und Duvall ist als so eine Art Rudy Gulliani einfach perfekt. Bobby Green (Phoenix) ist Manager des El Caribe im New York der frühen 80er Jahre. Der Club wird von der russischen Mafia betrieben und als Drogenumschlagplatz genutzt. Bobbys Bruder und Vater (Wahlberg und Duvall) sind Bullen und versuchen, das Nest auszuheben. Der Konflikt ist klar und man sitzt im Kino und hofft, dass Bobby nicht zu den Bullen rüberrennt. Die Russen töten dann aber seinen Vater und irgendwie (nach amerikanischer Logik) hat er dann keine Wahl mehr und er jagt die Russen, bis sie fallen. Das klingt alles andere als originell, ist aber gut gemacht. Einige Figuren sind komplex und verfallen nicht den erwarteten Stereotypen. Gut ist der Soundtrack, selbst wenn man keine 80er Jahre Musik mag (es wurden nur die besten Songs ausgesucht). Das Setting ist authentisch und eine grausam gut gemachte Auto-Verfolgungsjagd und der Showdown sind durch ihre überzeugende Art nahegehend. Wie in allen Mafia-Filmen geht es vor allem um Moral und um Familie. Es ist nicht das erste mal, dass ich in einem Film sitze und eine Geschwisterbeziehung nicht nachvollziehen kann. Sind Brüder so? Offenbar hassen sich die beiden, als jedoch der Cop-Bro durch einen Schuss ins Gesicht fast stirbt, entdeckt Bobby seine Liebe zum ihm. Diese Familien-Spannung hat Gray gut im Film durchgesetzt, alles ist gezeichnet von dieser Gegensätzlichkeit von Liebe und Hass. Ich hätte mir mehr von den Nigh-Club-Szenen gewünscht, da wäre in musikalischer und stilistischer Hinsicht eine Menge Potenzial. Das war gut am besten Film-Opening seit langem zu sehen: Phoenix fummelt Mendez in einem Hinterzimmer des El Caribe zwischen den Beinen rum. So beginnen gute Filme.

Sonntag, Dezember 09, 2007

The Assassination of Jesse James by the Coward Robert Ford von Andrew Dominik mit Brad Pitt und Casey Affleck)


Ein - wie der 10-Wort-Titel schon andeutet - altmodischer und ausführlicher Film, der großzügig geschnitten ist und viel Zeit auf die Untersuchung der Psychen von Jesse James und Robert Ford verwendet. Zahlreiche Leute haben das Kino vor Filmende verlassen und zwei meiner vier Begleiter haben sich prächtig gelangweilt. Aber was sagt das schon? Das der Film nicht gut ist, oder die Zuschauer oder die Erwartungen nicht eingelöst wurden (schließlich spielt Brad Pitt den Räuber)? Ich habe mich gut in die Landschaften (in Alberta and Manitoba gedreht, in Missouri und Kentucky spielend) hineingesehen, habe mich in die Charaktere Jesse und Robert gut hineinversetzen können. Sehr gefallen hat mir die Komplexität der Figuren, Handlungen waren nicht vorhersehbar und das hielt den Film trotz der Langsamkeit interessant. Ein für einen Western ungewöhnliches Thema war die Medialität, das Überliefern von Geschichte durch Gesang, Fotografie und Theater. Auch die Filmmusik von Nick Cave - der dann auch noch als Salon-Barde mit Gitarre auftrat - hat mir sehr gefallen.

Into the Wild von Sean Penn


Vor etlichen Jahren hatte ich das Buch von Jon Krakauer über den jungen Aussteiger Christopher McCandless gelesen, der kurz nach dem College seine Eltern verlässt und durch die USA nach Alaska zieht. Zu Fuß und per Kajak schlägt er sich durch und findet in der Wildnis einen alten verlassenen Bus. Dort überwintert er, ernährt sich von kleinen Tieren, die er schießt und von Beeren und Pflanzen, die er sammelt. Er hat ein Arten-Bestimmungs-Buch dabei und trotzdem macht er einen Fehler, isst giftige Beeren und wird krank, ohne sich je wieder richtig zu erholen. Er nimmt dramatisch ab und stirbt schließlich. Zwei Wochen später wurde er von Jägern im Bus liegend gefunden. Als den tragischten Moment begreift er selbst den Abschuss eines Elches, dessen Fleisch er dann vollständig an die Fliegen und die Wölfe verliert. Mich hatte dieses Buch natürlich unendlich fasziniert (wie auch Krakauers Into Thin Air, dass noch viel kraftvoller ist). Ich war als Jugendlicher immer der Aussteigertyp und hatte von einem Leben in den Kanadischen Wäldern geträumt. Letztlich ist es dann nicht viel mehr geworden, als ein paar Trips zu Fuß durch den Böhmer Wald und die Pyrenäen, mit dem Fahrrad durch Dänemark und dem Kanu durch die Mecklenburger Seenplatte. Zuletzt dann eben mit dem Auto durch Kanada und die USA, da sieht mann dann schon die Tendenz vom Aussteiger zum Touristen. Trotzdem las ich alle Rüdiger Nehberg Bücher, alles von Rheinhold Messner und selbst die Beschreibungen der historischen Touren durchs Eis (John Franklin, Owen Beattie - siehe Bild - und Sten Nadolny) und natürlich Jack London's The Road und Kerouacs On The Road. Sean Penns Film war natürlich sehr romantisch, etwas idealisierend sicher auch, aber vor allem war er so ein Film, der einen mal wieder die Wahrheit sehen lässt, die man als 20-Jähriger noch täglich fühlen kann. Ich saß jedenfalls im Kino und habe mich wieder erkannt. Der Junge, völlig losgelöst von menschlicher Gesellschaft, zufrieden mit sich alleine, lesend, vor sich hin redend, in Frieden mit seiner Umwelt. Ich denke gerade, dass ich das eigentlich mal wieder machen müsste, wenn auch nur für ein paar Tage.

Sonntag, November 11, 2007

Robert Rodriguez: Planet Terror

Am 30. Oktober waren wir bei Gruel was essen und sind anschließend zum Filmfestival Horrorthon im IFI gegangen, um den zweiten Teil des Trantino-Rodriguez Grindhouse-Slashers zu sehen. Nachdem ich Tarantinos Deathproof sehr genossen hatte, fand ich Rodriguez' Planet Terror zwar originell und witzig, aber lange nicht so vital und packend. Sicherlich auch deshalb, weil Planet Terror sich strikt an die Horror-Tradition hält und mit seinem Zombie-Thema einfach zu weit weg ist, von dem was mich berührt. Es ist durch die Unwahrscheinlichkeit der Geschichte eben nur noch komisch und kann nicht ans Menschliche anknüpfen. Schön war es dennoch, auch weil das Publikum absolut stereotyp zu 75% aus männlichen Geeks bestand. Auch ein Horrorquiz, bei dem man DVDs gewinnen konnte (uns wurde eine Horror-DVD mit dem Titel KAW - wohl eine Anlehnung an Hitchkocks Die Vögel - zugeschmissen) und ein anwesender Horror-Regisseur, der seinen Kurzfilm vorstellte, trugen zur Authentizität des ganzen Erlebnisses bei.

Montag, Oktober 01, 2007

Death Proof, Quentin Tarantino


Am Samstag Abend im Savoy: Der neue Tarantino-Film ist vor einer Woche angelaufen und hier sitzen wir in Dublins Innenstadt-Kino mit weiteren acht Kinogästen. Neuer Tarantino-Film, Samstag Abend in der Stadt und nur 10 Leute in der Kino-Vorstellung? Was ist schiefgelaufen? Der Film, ursprünglich in einem Double-Feature im Grindhouse-Style zusammen mit Rodruigez' Planet Terror herausgekommen, ist in den USA gefloppt. Von da an scheint das ganze ein Marketing- und Promotion-Desaster gewesen zu sein. Das Double-Feature wurde auseinandergerissen, die beiden Filme für Europa einzeln promotet (Planet Terror ist noch nicht angelaufen), von ursprünglich 80 Minuten auf ganze Spielfilmlänge geschnitten (Deathproof: 114 Minuten) und in den europäischen Kinos vermarktet. Die meisten Kritiken sind lauwarm bis schlecht und auch in Cannes, wo Tarantino seit Pulp Fiction verehrt wird, wurde Deathproof zwar gezeigt und gemocht, aber nicht sonderlich gewürdigt...

Das Licht geht aus, der Film fängt sofort an, ohne Werbung, dafür mit einem Fake-Trailer für einen Trickfilm. Altes Filmmaterial mit Rissen und Kratzern, schlecht zusammengeschnitten, mit Tonsprüngen und Wiederholungen und Schwarz-Weiß-Sequenzen - eine Material-Hommage an das B-Movie Kino der 60er Jahre. Das kann man schmunzelnd genießen und sogar zum Gegenstand von wahrnehmungstheoretischen Überlegungen machen, wenn der Film plötzlich von schwarz-weiß in krasses gloss-bunt umschlägt und man erst mit diesem ästhetischen Schock erkennt, was unterschiedliches Film-Material ausmacht, wie plötzlich das Gehirn von Reizen überströmt wird und man die Augen gar nicht abwenden, den Mund gar nicht mehr schließen kann. Auch von diesen Spielereien abgesehen ist der Film ein purer Genuss. Unterhaltsam, spannend, Zucker für die Augen, Salz für die Nerven. Die ersten 40 Minuten wird eigentlich nur gequatscht, getrunken und geraucht. Ein ganz klein wenig auch an der Spannungsschraube gedreht. Klingt unaufregend, ist es auch, aber trotzdem gut gemacht, sehr unterhaltend. Und dann geht es los: Autos, Gewalt, Action, Geschwindigkeit bis zum Höhepunkt. Die ganzen Anleihen, Zitate und Referenzen aufzuzählen, spare ich mir mal. Der ganze Film unterhält einfach mit Witz und atemberaubenden Action- und Stunt-Szenen. 2 x (Colt Sievers + Sex + Zitat + Spaß).

Montag, September 24, 2007

2 Days in Paris von Julie Delpy


Der Film knüpft ein ganz klein wenig an Richard Linklaters »Before Sunrise« und »Before Sunset« mit Julie Delpy und Ethan Hawk an. Wieder ist sie in Paris, nun aber älter, eigentlich in New York lebend und ihren amerikanischen Freund Jack (Adam Goldberg) den Eltern vorstellend. Er spricht kein Französisch und bewegt sich relativ unbeholfen zwischen den Familienmitgliedern und ihren Freundin. Das amüsierte und erinnerte mich natürlich deutlich an meine Begegnungen mit Céciles Eltern, mit denen ich mich auch nur sehr begrenzt unterhalten kann. Auch die Szenen am Tisch, wenn alle essen und Diskussionen entstehen, die Stimmen immer lauter und verärgerter werden und die Situation aus der Pesrpektive des kaum verstehnden, bedrohlich in einen Streit zu münden droht. Ab und zu zwischen dem Rumgeschreie wendet sich dann die Geliebte an einen und sagt: "C'est bon, c'est rien." Und tatsächlich scheint alles in Ordnung zu sein. Kein großes Ding, Differenzen werden eben ausgetragen und zwar lautstark. Der Film hat eine Menge Humor und spart nicht an gut platzierten Stereotypen und Slapstick, trotzdem gibt es auch einen tiefen und problematischen Kern, der uns alle betrifft, der aus dem Zusammenleben in Familien, zwischen unterschiedlichen Kulturen, weiten Entfernungen und bedrohlicher Näche (in der Partnerschaft) resultiert. Dieser ernste und fern von jeder Naivität reflektierte Kern des Films hat mir sehr gefallen. Diese Deklination des Lebens durch Humor und Tragik hat mich etwas an Woody Allen erinnert (nicht zuletzt auch Jacks Neurosen), wenn sie nicht sogar etwas frischer im Humor und tragischer, intimer im Problem war. Auch an einigen sehr originellen Filmtechniken (z.B. die perfekt in die Bilder geschnitte Off-Stimme während die beiden sich am Ende des Films zu trennen anschicken oder die aus Foto-Stills zusammengeschnittenen Serien) hatte ich viel Freude im Kino.

Knocked Up von Judd Apatow

Klingt erst mal doof und nach Komödie und ist es auch, beweist sich dann aber als ziemlich hellsichtige Analyse verschiedenster Lebensphasen. Zum einen ist da Ben, der seine Zeit mit Filme sehen und Bong rauchen rumbringt und durch einen für ihn und seine Freunde unglaublichen Glücksfall die schöne blonde TV-Moderatorin Alison schwängert. Das könnte jetzt schon die Story sein: wie er sich in aller Komik vom Kiffer zum Vater wandelt. Die wirklich interessante Geschichte spielt sich aber zwischen Alisons Schwester Debbie und deren Mann Pete ab. Er fühlt sich offenbar erstickt im Familienleben (die Zwanghaftigkeit seiner Frau spielt dabei auch eine Rolle) und gönnt sich seine kleinen Fluchten, bis es zum Zerwürfnis kommt. Ben und Pete fahren daraufhin nach Las Vegas und exorzieren unter Einfluss von Haluzinogenen ihre Ängste. Der Film ist randvoll mit guten Dialogen, Situationskomik und macht einfach richtig Spaß. Am Ende wird alles gut. Auf eine bürgerliche Art jedenfalls. Am Ende passt alles ins gesellschaftliche Raster: Ben arbeitet als Web-Desginer und wird verantwortungsvoller Vater und Pete kümmert sich liebevoll um seine Familie. Das ist natürlich auch alles ganz schön spooky - gibt es denn wirklich gar kein Entrinnen? Ist die Familie der letzte Ort, wo man sich als Mann zu beweisen oder wenigstens ein halbwegs erfülltes Leben führen kann? Natürlich nicht, aber im Mainstream - aus dem dieser Film ja kommt - stellt man es gerne so dar. Die Familie bedarf keiner funktionellen Rechtfertigung mehr, sie ist zum Lebenszweck aufgestiegen. Wer von uns könnte das nicht nachvollziehen? Und trotzdem: ich finde es beängstigend, beengend.

Sonntag, Juni 03, 2007

Black Snake Moan (von Craig Brewer mit Samuel L. Jackson, Christina Ricci und Justin Timberlake)

Lazarus ("Gott hat geholfen"), gerade von seiner Frau verlassen, findet die zusammengeschlagene Rae halbnackt auf der Straße liegend. Er nimmt sie mit in sein Haus, peppelt sie wieder hoch und sieht sich bald gezwungen, sie im Namen christlicher Gesundheit an die Heizung zu ketten. Den halben Film lang sieht man, wie sich Christina Ricci halbnackt und in Ketten vor der Kamera windet. Eine Männerphantasie, der einige Common-Sense-Aspekte zum Opfer fallen. Man könnte denken, dass Brewer lieber einen Porno gedreht hätte, dann wieder einen Blues-Musik-Film, oder doch eine Komödie oder Horror? Das alles versucht vielleicht etwas an Rodriguez und Tarantino anzuknüpfen, wirkt aber oft unfreiwillig komisch. Trotzdem ist es ein unterhaltsamer Film. Wenn man allergisch gegen Kitsch ist, sollte man vielleicht 10 Minuten vor Ende des Films nach Hause gehen. Aber die Schauspieler, die Musik (den ganzen Soundtrack gibt's hier kostenlos zum anhören) und viele Bilder sind es wirklich wert, sich das ganza Drama anzusehen.

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Samstag, Mai 12, 2007

Spider-Man 3 (von Sam Raimi, mit Tobey Maguire, Kirsten Dunst und J.K. Simmons)

Für einen Freitag Abend als Brain-Blow-Out nach einer Woche Schreibtischarbeit - warum nicht. 10 Euro dafür zu bezahlen, ist eine andere Geschichte. Die hat mit Kapitalismus und Gehirnwäsche zu tun. Die Story von Spider-Man 3 - a mess, die Schauspieler - bof. Außer Tobey Maguire und Jonathan Simmons, die beide sehr gute Komiker sein können. Simmons ist eigentlich den ganzen Film über komisch und richtig gut. Maguire ist gut, wenn er böse sein darf. Dunst ist einfach nur langweilig und ihre Rolle als mittelmäßige Broadway-Sängerin spiegelt auf eigenartige Weise, was der Zuschauer über die Schauspielerin denkt. Bei mir hat sie es jedenfalls nicht einmal geschafft, Mitleid zu erregen, als sie hilflos mit einem Taxi im Spinnennetz über New York hing. Das war einfach nur komisch. Man merkt, dass das Material z.B. als Comic Noir Potential hätte, wenn man den Regisseur nur machen ließe. Und da sind wir wieder bei Kapitalismus und Hirnwäsche...

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Montag, April 16, 2007

The Good German (Soderbergh, Blanchett, Maguire, Clooney)

Der Film hatte den Touch der 40er Jahre, nicht nur, weil er in dieser Zeit spielte, sondern, weil Soderberghs Filmmaterial genauso alt aussah: Schwarzweiß mit ganz harten Kontrasten. Die Filmmusik ist auch aus den 40ern und der Film endete in einer Casablanca-Szene im Regen auf dem Flughafen Tempelhof. Viele der Aufnahmen waren aus dem Archiv und zeigten das zerstörte Berlin und die Besatzer, sogar Stalin und Churchill waren auf Aufnahmen zu sehen. Der Fil erinnerte mich sehr stark an »A German Requiem« - eine Kriminalgeschichte von Philip Kerr. Wie dort ging es um Mord und Flucht und den Schwarzmarkt, die Prostitution (Chocoladies) und die Deals zwischen den Besatzern. Es ist ein sehr interessanter Film, gerade wegen seiner Neo-Realistik. Die Geschichte jedoch schleift in der Mitte ein wenig und man verliert etwas das Interesse an dem Warum des Geschehens. Am Ende zieht die narrative Dynamik wieder etwas an. Mich als Deutschen haben die verkrampften Dialoge die Blanchett oder Clooney in Deutsch mit Deutschen führen mussten etwas gestört. Es klang alles abgelesen und ohne Leben in der Sprache. Diese Art Realismus hätte man sich schenken können, ich hätte auch alles in Englisch hingenommen. Aber zusammengenommen war es ein schöner Sonnatag-Abend-Kinofilm.

Dienstag, Februar 20, 2007

Das Leben der Anderen und Lights of the Dusk (Laitakaupungin Valot)

Auf dem Jameson Dublin International Film Festival haben wir »Das Leben der Anderen« gesehen. Super Film, besonders für einen, der aus dem Osten kommt und das Ende der 80er Jahre mit erwachendem Bewusstsein miterlebt hat. Das Setting war - bis auf einen modernen Lichtschalter aus dem Obi-Baumarkt - sehr authentisch und hat mich in eine beklemmende aber auch heimatliche Athmosphäre zurückversetzt. Etwas unbeholfen und nah am Klischee fand ich die Frauenfigur. Sie war natürlich zu schwach für diese Welt und musste sterben, damit der Mann überleben konnte.

Am Sonntag mussten wir ziemlich früh aufstehen, weil der nächste Film schon um 14 Uhr anfing: »Lights of the Dusk« (deutsch: Lichter der Vorstadt, Finisch: Laitakaupungin Valot). Ein typischer Karusmaki-Film, sehr melancholisch und pessimistisch, sehr verschwiegen. Durchs Weglassen etwas vor Augen führen, das ist Karusmakis Methode. Ein sehr künstlerischer Fim, weit weg von dem, was man vielleicht Realismus nennen könnte und deshalb wirklich Filmkunst. »Das Leben der Anderen« war natürlich auf eine Art Realismus angewiesen, um überzeugend sein zu können. Beide Filme haben mich bereichert.

Montag, Januar 22, 2007

Casino Royale (Martin Campbell)


Ein netter Action Film, aber leider fehlt die Coolness total. Das fängst schon mit dem shitty Rock-Pop-Song an, der das leider auch nicht sehr gelungene James-Bond-Intro begleitet. An diesen Standards (coole Musik und artsi Intro) darf man nicht nachlassen, auch wenn man sonst alles andere am Film ändert. Ein paar kleine Leckerbissen (die Beziehung zwischen Bond und M beispielsweise) waren schon dabei, aber ansonsten hat es überall gefehlt: die Bond-Girls waren genauso wenig aufregend, wie der Aston Martin, dem leider nur eine kurze Fahrt vergönnt war, bevor er verschrottet wurde. Ich wollte mich gerade wohlig zurücklehnen und die Verfolgungsjagd genießen, als plötzlich dieses Mädel auf der Straße liegt und Bond in geistiger Umnachtung (ok, er hatte sich in sie verliebt, aber am Ende hieß es dann doch: "The Job is done, the bitch is dead") das Lenkrad verreißt und die gute Karre in den Dreck fährt. Daniel Craig ist als neuer Bond sehr gut und ich habe mich auch gut unterhalten gefühlt, meistens jedenfalls. Aber doll war das alles zusammengenommen nicht.

Dienstag, Januar 09, 2007

Babel von Alejandro González Iñárritu (Guillermo Arriaga)

Babel ist ein weiterer Film dessen, was man vielleicht Globalisationskino nennen könnte. Wie Syriana, Traffic oder auch Crash zeigt er uns eine moderne Welt, die zunehmend von Prozessen gesteuert wird, die den individuellen Interessen der meisten Menschen entgegenlaufen. Dabei spielt es keine große Rolle, wo man sich befindet - man wird scheinbar immer wieder von den Mechanismen (Geld, Drogen, Waffen...) und Institutionen (Religionen, Grenzbehörden, Firmen...) eingeholt. Natürlich überspitzen diese Filme die von uns wahrgenommene Realität, wo sonst läge ihr prophetischer Wert? Verstrickt sind wir jedoch alle in dieses noch subtile Netz mit Maschen, durch die man hier und da noch schlüpfen kann. Als Menschheit entrinnen wir dem Schicksal eines ökonomisch und politisch organisierten Massenzwanges sicher nicht. Als Individuen können wir diese Filme schauen und unsere ganz persönlichen und dennoch wirkungsmächtigen Lehren daraus ziehen. Wir müssen nach Ende des Films nur daran denken, sie in die Tat umzusetzen.

Die Zeit fasst zusammen: »Der Film spielt in der marokkanischen Wüste ebenso wie in der mexikanischen, und die Hütte in einem Berberdorf, wo die tödlich verletzte amerikanische Touristin (Cate Blanchett) eine Bleibe findet, ist nur auf andere Weise elend als das luxuriöse Hochhausappartement in Tokio, wo eine schwer pubertierende Halbwaise (Rinko Kikuchi) sich dem Kommissar an die Brust wirft, der nach der Herkunft jener Winchester fahndet, mit der ein ebenfalls pubertärer Hirtenjunge in Marokko auf einen Reisebus geschossen hat, sozusagen versehentlich, und dabei die Touristin getroffen hat, eine schöne Blonde, die nun in ihrem Blut liegt, während ihr Ehemann (Brad Pitt) verzweifelt zu Hause in San Diego, Kalifornien, anruft, damit die mexikanische Kinderfrau die beiden Sprösslinge länger versorge, aber ihr Sohn feiert Hochzeit, und so nimmt sie denn die Kinder mit nach Mexiko, was nicht gut enden wird.«

Donnerstag, Dezember 07, 2006

Pan's Labyrinth (Guillermo Del Toro), The Host (Bong Joon-Ho), Sommer vorm Balkon (Dresen)

Gestern haben wir im IFI Pan's Labyrinth gesehen. Ein bemerkenswerter Film über ein kleines Mädchen das 1944 in Spanien in das grausige Ende des 2. Weltkrieges verstrickt wird. Ganz in romantischer Tradition teilt der Film das Geschehen in zwei Segmente: die realistische Rahmenhandlung und das fantastische Märchen. Die wahre Welt entpuppt sich bald als reale Hölle, während die fantastische Welt mit ihren auf den ersten Blick furchterregenden Gestalten immer wieder eine Tür zum Glück offen hält. Novalis hätte seine Freude an diesem Film gehabt.

Noch absurder - weniger in bildungsbürgerlicher Tradition - war der koreanische Film The Host (Trailer), ein manchmal alberner Monsterfilm mit einer Menge archetypischen Ballasts. Der Kampf gut gegen böse, Mensch gegen Biest. Das Biest verbreitet auch noch eine schleimige Krankheit und natürlich ist Amerika an dem ganzen Desaster schuld. (Das Biest als Analogie zum Krieg?) Der Film war jedenfalls keine Sekunde langweilig. Einige Special Effects (z.B. als das Biest am Ende verbrennt) waren so schlecht, dass ich mich gefragt habe, ob das als Hommage an alte B-Movies zu verstehen wäre. Denn selbst wenn man kein Geld hat, kann man das mit dem Computer zu Hause besser machen. Andere Effects hingegen waren sehr gut, was den Verdacht erhärtet.

Außerdem haben wir Sommer vorm Balkon (Summer in Berlin) im Rahmen des Deutschen Film Festivals angesehen. Der Film war sehr interessant, amüant, oberflächlich und heimatlich. Ich bekam wieder richtig Lust auf den Prenzlauerberg. Gerade die Oberflächlichkeit hat ihren Reiz, lässt Raum für eigene Geschichten. Es drängt die Geschichte nicht so auf, sondern gibt einem das Gefühl, dass es sich um eine von tausenden Möglichkeiten handelt. Hervorragend war der Berliner Akzent einiger Darsteller, besonders Ronald aus Eberswalde war eine Wucht.

Sonntag, November 05, 2006

Red Road (Andrea Arnold, Anders Thomas Jensen)

Ich gehe mit ganz anderen Augen durch die Stadt, seit ich durch den Film weiß, dass man uns auf Schritt und Tritt beobachtet. Wunderbar zeigt Red Road die Einsamkeit der Polizistin, die vor ihren Monitoren sitzt, auf denen sie die gesamte Stadt sehen kann. Sie kennt die Menschen, denen sie auch auf der Straße begegnet, aber die Menschen kennen sie nicht. Die Kamera zeigt die Monitore und dann die Augen der Polizistin und das ist eigentlich viel mehr wert, als die gesamte Geschichte, die sich dann entfaltet, als sie einen Mann wiedererkennt und ihm hinterhergeht. Bis zu diesem Punkt wären wunderbare philosophische oder eben künstlerische Ideen-Verfilmungen möglich gewesen. Aber der Film verliert sich in einer tragischen, aber weniger spannenden und in ihrer Auflösung eher dünnen Geschichte. Von diesem Film sollte man das erste Viertel sehen. Ganz furchtbar ist der Einsatz der Musik am Ende des Films. Nach der ganzen sozialen, persönlichen und infrastrukturellen Härte, die der Film zeigt, endet er mit einer Schmachtversion von "Love will tear us apart". Ansonsten passt die urban music, wie z.B. Lady Sovereign gut zum Film und ergänzt ihn manchmal oder begleitet ihn unauffällig. Das hätte ein richtig guter Kurzfilm werden können (tatsächlich hatte die Regisseurin 2005 den Kurzfilm-Oskar für "Wasp" bekommen).

Montag, Oktober 23, 2006

Little Miss Sunshine (Jonathan Dayton, Valerie Faris, Michael Arndt)

Eine Familie auf dem Weg zu einem kalifornischen Schönheitswettbewerb, auf dem die etwas dickliche und irgendwie vorschnell zur Sekräterin gealterte 7jährige Tochter antreten soll. Die dafür erforderlichen Tanz-Routinen hat sie mit ihrem radikal zotigen drogensüchtigen Opa einstudiert. Der unglaublich idiotisch aussehende Sohn weigert sich zu sprechen, seit er anfing Nietzsches "Also sprach Zarathustra" zu lesen. Der Vater ist eine traurige Gestalt und verkauft Motivationstrainings. Einzig normal scheint die Mutter zu sein. Eine katastrophale amerikanische Familie auf einem Roadtrip. So stereotyp und doch ganz schief. Und das ist das Geheimnis des Films: er stellt die Menschen nicht bloß, sondern macht sie durch ihre unglaublich komischen Macken und die witzigen Interaktionen sympatisch. Sehr schnell liebt man jede Figur. Der Vergleich zu den Simpsons drängt sich auf: Homer, Marge, Lisa, Bart und Grandpa on the road. Diese Folgen gab es, ja Lisa tritt sogar ebenfalls als Außenseiterin ohne Aussicht auf Erfolg bei einem Schönheitswettbewerb auf. Für das Kino ist dieses Genre jedoch völlig originär und irgendwie unentdeckt. Wahrer Humor mit einer Menge Tragik. Sichrlich einer der besten Filme 2006.

Sonntag, Oktober 08, 2006

Volver (Pedro Almodóvar) und The Departed (Martin Scorsese, William Monahan u.a.)

Diese zwei Filme habe ich mit einigem zeitlichen Abstand gesehen und ich nenne sie hier zusammen, weil sie von zwei unterschielichen Welten sind, aber uns daselbe zeigen: Die Männer ruinieren diese Welt und die Frauen tun nichts dagegen. Es ist herrlich zu sehen, wie Volver ohne Männer auskommt, bzw. wie das Leben erst möglich wird, als der einzige Mann - ein vergewaltigender, pädophiler Nichtsnutz - verscharrt wurde. Töchter, Mütter und Großmütter um Penélope Cruz schmeißen den Laden, lieben sich, haben Spaß und füllen das Leben mit Sinn. Wenn man das sieht und sich dabei überlegt, wie zur Zeit diese Welt von Männern, mehr Affen als Menschen, beherrscht wird, kann man sich nur wünschen, dass dieses amüsante und liebenswürdige Konzept, dass uns Almodóvar auf der Leinwand zeigt, Wirklichkeit würde. Es kommt noch ein Mann von einer Filmcrew vor, der mit der Protagonistin anfängt anzubandeln. Er schien nett und intelligent zu sein und eine Liebsegeschichte bahnte sich an. Als Almodóvar das merkte und vielleicht mitbekam, dass eine heterosexuelle Liebesgeschichte das ganze Konzept zerstören würde, ließ er diese Figur einfach aus dem Film fallen - der Mann kommt einfach nicht mehr vor. Schade, hier hätte es nun interessant werden können, wie der Mann in diese weibliche Welt der Liebe und Fürsorglichkeit eingebunden werden kann.

Die Antithese mit deren Hilfe es dann zur oben schon vorweggenommenen Synthese kommt, ist Scorseses The Departed. Die Schauspielerliste: Leonardo DiCaprio, Matt Damon, Jack Nicholson, Mark Wahlberg, Anthony Anderson, Alec Baldwin - um nur die bekanntesten zu nennen. Zwei Frauen spielen im Film mit: die Geliebte des Mafiabosses - ein bloßes Ornament mit Öffnungen - und eine hilflose Polizei-Psychologin, die gewissermaßen als Verkehrsmasse und Erpressungspotential herhält, weil sie gleichzeitig mit dem Bösen (Matt Damon) und dem Guten (Leonardo DiCaprio)schläft und nicht durchsieht. Wenn Volver uns eine Utopie zeigt, dann ist The Departed eine zugespitzte Abbildung der Wirklichkeit. Männer töten reihenweise, schlagen sich, ficken, fressen und reden ausschließlich in Fäkalsprache. Eine gewalttätige Welt, die durch Betrug, Unwissenheit und Machtspiele vor die Hunde geht. Ein komischer Film: faszinierend gewalttätig, ohne Scham oder Gnade, ganz geradeaus und ohne versteckte Bedeutungen. Am Ende sind sie alle tot und nur um den Guten und seinen Verbündeten ist es schade. Einen Rächer gibt es dann auch noch, der überlebt. DiCaprio spielt super, hat es mit dem Character des Guten aber auch leichter als Damon. Was denkt sich dieser Scorsese? Zu Recht, könnte man sagen, ist das amerikanische Kino auf Waffen und Totschießen fixiert. Das Problem dabei dürfte sein, dass es schon lange nicht mehr schockiert, vielleicht sogar cool ist, wie bei Tarantino. Die Moral ist verduftet und das ist einem aufgeklärten Publikum ja auch zuzumuten. Einem aufgeklärten Publikum.

Dienstag, August 01, 2006

ANGEL-A (Luc Besson)


Der Himmel über Paris. Also entweder es ist eine Hommage an Wim Wenders oder Besson hat einfach nur geklaut. Es ist im Grunde das gleiche Thema: ein Engel rettet den verzweifelten Menschen. Die gute Idee daran: der Engel ist eine super sexy Blondine in einem engen Minikleid. Sex setzt sie nur ein, um zu helfen. Leider verliert die gute Idee das Gute, wenn der Flm sich daran macht, alles durchzubuchstabieren, was man sich ohnehin schon dachte. Er nimmt leider auch die Illusion vom Sex-Engel, der seinen Körper verkauft, um Gutes zu tun, wenn man erfährt, was statt des Sex' wirklich passiert ist. Warum? Der Spiegel ist die wichtigste Metapher: die große, weiße, blonde sexy Frau repräsentiert das Innere des kleinen, ungewaschenen dunkelhäutigen Marrokaners. Wenn man jetzt irgendwelchen Quatsch in der Uni studiert hätte, könnte man auf allerlei Ideen kommen: rassistisch, sexistisch usw. Aber das lassen wir mal lieber. Der Film erklärt schon alleine genug, ist sozusagen sein eigener Spiegel, was manchmal etwas aufdringlich ist und den Zuschauer unterfordern kann. Trotzdem hat ANGEL-A (schon der Titel ist in seiner Eindeuigkeit misslungen, Angela wäre wirklich deutlich genug gewesen) zauberhafte Momente, wunderschöne Aufnahmen. Schwarz/weiß, Frnzösisch mit Untertitel. Der Engel fällt zum Schluss, wird zum Menschen, zum Eigentlichen was auch ein gutes Ende ist und mir den Film gerettet hat.

Montag, Juli 31, 2006

Pirates of the Caribbean (Gore Verbinski)

"Dead Man's Chest": Da hat mich der Schlaf angefallen. Als ich wieder aufwachte, waren alle hinter einem Herz in einem Holzkasten her. Ich konnte nicht mehr herausfinden, warum. Und das schien im Film leider auch egal zu sein. Johnny Depp war zwar brilliant, wie gewohnt, aber der Film hat ihm nicht genügend Raum gegeben, seinen skurrilen Charme und Wortwitz zu entfalten. Ich habe den ersten Teil in Danzig gesehen, auch in Englisch und kann mich erinnern, dass ich ihn wahnsinnig gut fand. Aber weiß der Geier, woran das lag. Vielleicht war ich damals klüger oder dümmer oder die Umstände waren schuld. Oder ich war einfach nicht so müde. Oder der Film war besser. Grandios waren wieder die Kostüme und die Maske. Der Anteil der amerikanischen Horrorklamotte, mit absurden maritimen Masken oder ekligen Körperflüssigkeiten, war mir jedoch zu groß. Die ironisierte Mantel- und Degen-Romantik mit alteuropäische Witz und gentelmanhafter Gediegenheit kam zu kurz. In einer Szene war Capitan Jack Sparrow von einem kannibalischen Bergvolk gefangen worden. Dieses Volk dachte, dass Sparrow ein Gott sei, dessen Geist im Fleisch gefangen war und der nun per ritueller Verspeisen freigesetzt werden musste. Jedenfalls hatten sie ihm drei Paar Augen auf die Wangen gemalt und ein viertes Paar auf die Augenlider, sodass er immer Augen hatte, ob er sie schloss oder nicht. Ein genialer Einfall, verblüffend einfach und wirkungsvoll. Ich konnte mich nicht satt sehen.

Sonntag, Mai 07, 2006

Everything Is Illuminated (Alles ist erleuchtet)

von Liev Schreiber, nach dem Roman von Jonathan Safran Foer: Elijah Wood spielt einen amerikanischen Juden auf äußerst stereotypische Weise. Der Kiewer Eugene Hutz spielt den lokalen Fremdenführer Alex, der zusammen mit seinem Großvater und dem Hund Sammy Davis Jr. Jr. alias Seeing Eye Bitch Jonathan bei der Suche nach seiner familiären Herkunft im Trabant durch die Ukraine fährt. Natürlich haben die drei keine Ahnung, wo es langgeht. Und so wird dieser Road Trip der "Heritage Odessa Tours" zu einer absurden Odysse durch ein immer wieder aufgegebenes Land. Alex repräsentiert das, was man sich unter einem postsowietischen Jugendlichen vorstellt: er liebt Amerika, Macho Hip Hop und hält sich auf eine etwas dörfliche aber auch sehr komische Art für den Coolsten in seiner Stadt. Alex' Grüßvater, der hin und wieder vorgibt, blind zu sein (deswegen auch Seeing Eye Bitch, Blindenhündin), spricht ausschließlich russich und ist natürlich (jedenfalls an der Außenseite) streng antisemitisch. Jonathan ist ein hochneurotischer Sammler, hat eine Menge Schotter, verschenkt Marlboro Zigaretten als Dankeschön und hat als äußerliches Zeichen degenerativer Entfremdung die dickste Brille, die man sich vorstellen kann. Die Vorurteile, die hier so platt inszeniert werden, funktionieren als Komik wunderbar. Neben den Landschaftsbildern, die mir natürlich sehr heimatlich vorkommen, weil sie auch aus Meck-Pom oder der Lausitz kommen könnten, ist diese stille bis drastische Selbstironie, die der Film über alles menschliche zu legen scheint ohne es zu verraten, besonders sympathisch.

Samstag, April 29, 2006

Inside Man (Spike Lee)

mit Denzel Washington, Jodie Foster and Clive Owen. Schön, dass es noch Banküberfälle der ganz anderen Art gibt, überraschend. Der Film ist lang, aber man merkt es nicht. Lee erzählt diesen Film mit einer Menge post-multi-kulti Humor. Inder (Sikhs), Albaner, Schwarze, Weiße - Alle kriegen ihr Fett ab. Als Grundierung und Raub-Motiv hält auch noch eine Juden-Nazi-Kollaboration während des zweiten Weltkrieges her. Vielleicht etwas zu viel, diesen guten Plot hätte man auch mit weniger Ballast herausarbeiten können. Den guten Menschen Denzel Washington mag man ja schon gar nicht mehr sehen und bei Jodie Foster weiß man auch nie, ob die ganze Besorgnis jetzt notwendig ist. In diesem Film sindsie aber beide ungewöhnlich unauffällig. Foster schwebt mit Leichtigkeit über der Geschichte, als würde sie nur einmal am Set vorbeischauen wollen und Washington spielt ohne Heldenpathos einen Bullen, dem die Situation aus dem Ruder läuft. Clive Owen spielt großartig eine interessante Bankräuber-Figur. Der Film ist kein Muss, wie Crash oder Good Night, and Good Luck. Aber er unterhält mit Witz, Spannung und etwas Action.

Dienstag, April 25, 2006

Tristan und Isolde (Kevin Reynolds)

Ein netter Film mit einigen witzigen Einfällen und Komik mang der ganzen Tragik. Die Hauptschauplätze - die Ostküste Irlands und die Westküste Britanniens sind geblieben. Die ganze Story wurde unter den Regeln der Wahrscheinlichkeit und des Creative Hollywood Writings etwas geglättet. Man könnte sagen, von Gottfried von Straßburg (13. Jh.) über Richard Wagner (19. Jh.) bis zu diesem Film geht eine Linie, an der entlang der Stoff gefälliger wird. Magisch kam mir nur noch vor, wie der scheintote Tristan auf einem Leichenkahn über die irische See schipperte und zufällig genau vor Isoldes Füßen an den Strand gespült wurde. Aber das macht gar nichts, im Gegenteil: es erhält uns das sagenhafte Moment in der Geschichte. Wenn nun plötzlich alles ganz logisch vor sich gegangen wäre, dann hätte man keinen Stoff aus dem Mittelalter bemühen müssen.

Viel Gewicht wurde auf Kampf- und Liebeshandlungen gelegt. Der Liebestrank kommt gar nicht mehr vor, die beiden verlieben sich statt dessen ganz "natürlich", modern und romantisch in einer Abhängigen-Situation (Krankenpflege). Sie sind dann auch nicht verhext und gebärden sich wie toll, sondern tragen ihr Los durchaus couragiert und rücksichtsvoll, so weit das eben geht. Natürlich gewinnt das Herz gegen den Kopf, wie es unser postromantisches Selbstverständnis von uns verlangt.

Auch das Moment der Treue gegenüber dem Freund, wie man es bei Wagner findet, das am Ende zum Ehrentod führt, wurde abgeschwächt. Tristan stirbt nun ganz heldisch im Kampf gegen die Iren und Verräter. Von Isolde heißt es, sie sei nach Tristans Tod nicht mehr gesehen worden, während sie in den älteren Versionen mit oder kurz nach Tristan starb. Wenn man historische Filme mag, soll man sich Tristan und Isolde ruhig ansehen. Der Film ist lange nicht so bombastisch und beeindruckend wie Troja. Aber er hat seine Nischen, von wo aus man ihn genießen kann. Natürlich weiß man auch die ganze Zeit, wenn man da drinnen sitzt, dass es wenigstens kein Happy End geben wird. Das hilft dann schon eine Menge.

Dienstag, April 04, 2006

Romance & Cigarettes (John Turturro)

ein komischer Film, sehr musikalisch (fast ein Musical - was im Kino oft wunderbar funtioniert, wie man an Woody Allen sieht oder auch an Filmen wie Dancer in the Dark), drastisch literarisch (viel Bukowski) und ehrlich erotisch. Der Film scheint drei Teile zu haben: zuerst kam er mir etwas albern vor, dann war er witzig bis zum Totlachen und am Ende fand ich ihn etwas zu melancholisch. Steve Buscemi war wieder in einer für ihn geschriebenen Nebenrolle zu bewundern und Kate Winslet war als leidenschaftliche und singende Hure einfach wunderbar. Die ganze Geschichte ist vielleicht etwas dünn, abgegriffen und beliebig, aber mit guten Schauspielern und einer Menge witziger Dialoge lässt sich auch so ein Drehbuch retten.

The Proposition (Regie: John Hillcoat)

ist ein Film, wie ihn Johnny Cash geliebt hätte. Dreckig, geradeaus und ehrlich bis auf die toten Knochen. Nicht so witzig wie Dead Man von Jim Jarmusch, aber origineller und strenger als Last Man Standing. Nick Caves (Drehbuch) alttestamentarische Geschichte spielt im 19. Jahrhundert in Australien. Die Bilder sind großartig, malerisch und beängstigend. Hitze, Staub und Fliegen überall. Menschen sind nichts wert. Unsere Zivilisation ein ganzes Stück weit gekommen, seit dieser barbarischen Zeit. Und andererseits, so könnte man meinen, ist das menschliche Wesen ein Verbrechen, das nicht aufhört, sich zu ereignen. Das ist natürlich der Kerngedanke solcher Geschichten mit archetypischen Charakteren: dass sich unser Blut nicht ändert und wir uns deswegen zu regeln haben. Blut ist dicker als Wasser und der Mensch ist dem Menschen ein Wolf. Man sollte das bezweifeln und diesen Film und Johnny Cash trotzdem lieben.

Breakfast on Pluto (Neil Jordan)

erzählt eine kleine, gemeine Geschichte zwischen Irland und London. Tradition, Moderne, Familie und Identität als Hauptzutaten. Am besten gelungen war jedoch die Soße: eine Love-Story zwischen dem superschwulen Patrick (Patricia/Kitten) und einem Rock'n'Roll-Macho Billy (von der Band Billy Hatchet And The Mohawks). Leider ist zuviel Beilage dran: Nord-Irland-Konflikt, Religion, Sex-Business, Homophobie. Der große Humor trägt jedoch den ganzen Film. Man kann an solchen Filmen sehen, was Irland im Moment unterschwellig aber gewaltig bewegt: der Einbruch der Moderne in die traditionelle Kultur.

Dienstag, März 07, 2006

Syriana (Stephen Gaghan)

Syriana habe ich am Abend mit Daniela gesehen. Daniela ist eine wirkliche Kinogängerin, die keine Meinung ohne Begründung akzeptiert. Wir haben uns hinterher noch ins Whool Shed gesetzt, Bier, Coke und Burger zu uns genommen und über den Film geredet. Ihr war er in der Erzählhaltung zu amerikanisch, zu sehr an gesellschaftlichen Typen wie Familie, Liebe und Helden orientiert. Ich denke jedoch, dass sich der Film, mit all der Komplexität, die uns stellenweise überfordert hat, diese Fixpunkte erlauben kann: einerseits, weil sie eben zum großen Ganzen dazugehören (uns wurden ja auch arabische Typen gezeigt) und andererseits als Zugeständnis an die sowieso enttäuschten Sehgewohnheiten des Hollywood gewöhnten Zuschauers. Auch die Überforderung durch den Plot, die schiere Unübersichtlichkeit der Handlung, kann man als Authentizität entgegennehmen. Um das große Bild einer durch Öl und Krieg abgefuckten Weltpoloitik zu verstehen, muss ich gar nicht die Rolle eines jeden kleinen Geheimagenten (George Clooney) verstehen. Denn so ist es eben: jeden Tag werden wir durch die Nachrichten überfordert. Die Leute, die uns bei Reuters die News-Beiträge zusammenschnippeln oder die Tagesschau kommentieren, geben uns einen ganz kleinen Ausschnitt aus der Komplexität der Weltpolitik (ohne, dass sie selber viel mehr wüssten). Und wenn wir hören, dass eine israelische Rakete einen Convoy palestinensischer Fahrzeuge getroffen hat und dabei sechs Leute, darunter den Führer der oder der extremistischen Gruppierung getötet hat, dann können wir nicht wissen, was sich dahinter genau verbirgt. Irgendwie hoffen wir, dass da wieder mal ein Schurke einem anderen den Kopf abgerissen hat. Und irgendwie stimmt das sicher auch. Aber welche zumeist wirtschaftlichen Interessen wirklich dahinter stehen, kann nicht erklärt werden.

Good Night, and Good Luck (George Clooney)

Wie der Meinungsbildungsprozess in den Medien funktioniert und dass man aber nur eine Handvoll integrer Leute braucht, um Dinge aus den Medien heraus zu ändern, zeigt George Clooneys Film Good Night, and Good Luck, den ich gestern im Kino gesehen habe. Es ist ein großartiger Film in schwarz/weiß, ohne viel Handlung, dafür mit einigen Originalaufnahmen von McCarthy und seinen Tribunalen. Der CBS-Fernsehjournalist Edward R. Murrow hatte es in den 50ern mit McCarty aufgenommen und konnte dabei auf seine Leute, ja sogar auf seinen von Werbeeinnahmen abhängigen Chef zählen. Es ist sicher nicht einfach, so einen Stoff kinotauglich und spannend zu machen, aber Grant Heslov (Drehbuch), George Clooney (Drehbuch, Regie) und seinen Schauspielern, besonders David Strathairn, der den strengen, schweigsamen, ewig rauchenden und dabei unbeugsamen Journalisten Murrow spielt, ist das gelungen. Der einzig schlechte Schauspieler in dem ganzen Film war McCarthy selbst. CBS/Murrow schafft es am Ende, dass McCarthy selbst vor ein Tribunal kommt, und sich für seine totalitären Methoden rechtfertigen muss. In einem Interview (Totally Dublin, Februar 2006) sagt Clooney: "We mustn't forget to fight for our personal freedom regardless of how scared we are. It's the obligation of the media to defend these things." Das stimmt schon, ich denke aber, dass seine Perspektive auf die kommerziellen Massenmedien zu optimistisch ist. Ich sehe die Cancen eher in unabhängigen und dezentralisierten Medien, wie sie durch das Internet machbar sind. Es gibt zahllose (kostenlose) Websiten, Blogs oder Mailinglisten, in denen hochklassige Texte gelesen und geschrieben werden können (z.B. Nettime.org). Die einzige Hoffnung sehe ich darin, dass wir unsere Kinder ausreichend bilden, sie zu kritischen Nutzern dieser unabhängigen Medien machen und dass wir uns diesem lächerlichem Brainwash der kommerziellen Massenmedien verweigern. Der Fakt, dass Filme wie Good Night, and Good Luck (Warner Independent Pictures) oder auch Syriana im Kino, also in kommerziellen Massenmedien präsent sind, zeigt, dass mein Pessimismus nicht uneingeschränkt gültig sein kann. Wenn Individuen, die es sich leisten können, es schaffen, solche Diskussionen in die Gesellschaft zu tragen, ist nicht alle Hoffnung verloren. Wir sollten Menschen wie Edward R. Murrow und George Clooney verehren.