Freitag, September 30, 2005

Charly and the Choclate Factory

Ja, die Zeit hätte ich auch anders totschlagen können, aber ich mag eben Johnny Depp. Immer noch. Trotz Choclate Factory.

Revolver

Von Guy Richie. Ich muss ihn mir noch einmal ansehen, um sicher zu sein, was ich davon halten soll. Hat mich etwas an "Fight Club" erinnert - brutal und psycho. Keine Lehre, nur das Alt-Bekannte: du bist allein mit dir und der Feind bist du selbst. Interessant war wieder das Publikum: mit Geduld/Freude oder was auch immer setzen sie sich allen Gewaltszenen aus.
Etwas Psychologie hingegen ertragen sie nicht. Bestimmt 30 Leute haben den Saal vorzeitig verlassen, als der Protagonist mit sich allein (oder besser mit sich zu zweit) im Fahrstuhl unterwegs war und dabei einen Nervenzusammenbruch erlitt. Sobald die Gewalt verschleiert, nicht minder brutal, aber quasi unsichtbar oder symbolisch wird, weiß dieser Teil des Publikums mit dem Gezeigten nichts mehr anzufangen und geht. Unsere Spiegelneuronen lassen sich eben nicht symbolisch erregen. Too much brains.

The Business


Wer wie ich in den 70ern geboren wurde und deshalb total gerechtfertigt die 80er hasst, für den ist dieser Film eine Qual, bei der er immer wieder lächeln muss. Vor der Musik muss ich nicht extra warnen: entweder man liebt sie, weil sie so toll retro ist, oder man hasst sie, weil man froh ist, dass man dieser Epoche entkommen ist. Ein Fest sind die kurzen Hosen der Darsteller – das alles wirkt etwas porno und ist wohl auch so gemeint. Ich ging bestärkt aus diesem Film: die 80er Jahre sind die lächerlichsten in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts gewesen. In diesem Film ist einfach alles lächerlich: Frisuren, Autos, Musik, Kleidung. Sogar die organisierte Kriminalität ist lächerlich. Ein guter Film.

Green Street

Ein eigenartiger Film. Ein Journalistik-Student wird aus Harvard rausgeschmissen und landet bei Londoner Hooligans. Er zieht mit ihnen in ihre sinnlosen Kämpfe und vermutlich spürt er dabei sowas wie das "richtige Leben". Nachdem er einige seiner neuen Londoner Freunde kräftig durcheinander gebracht hat (Verrat, Scheidung, Tod) geht er zurück in die USA und mit seinem auf der Straße in Olde England erlernten Handwerk gelingt es ihm, zurück in die Uni zu kommen. Er droht einem vekoksten Intriganten Schläge an und geht nun mit erhobenem Haupt durchs verweichlichte Leben in New England. Wow, soviel Moral.

Crash


Eine Art Vision, wohin wir treiben. Städte wie New York, Los Angeles und Dublin sind dort bereits oder wenigstens bald angekommen: in einer Welt mit geringer Steuerung, ohne Sozialleistungen, garantierte Bildung oder gerechte Krankenversicherung. Das Recht des Stärkeren gilt. Die kleinen Leute werden gegeneinander aufgehetzt, sind unfreundlich zu einander, rauben sich gegenseitig aus, verletzen und vergewaltigen sich. Sie sind so mit diesem Kampf untereinander beschäftigt, dass sie gar nicht sehen, wer ihnen das antut. Man muss gar nicht bis nach New Orleans sehen, um zu erkennen, wie dünn der Lack der westlichen Zivillisation ist. Wir müssen uns jetzt vorsehen, vor der Katastrophe, wo noch vieles in Ordnung zu sein scheint. Wir dürfen uns nicht restlos an die verkaufen. Wir müssen alle ins Kino und "Crash" sehen!

Brodeuses - A Common Thread

Gestern war ich im Irish Film Institute und habe mir den französischen Film Brodeuses (A Common Thread) angesehen. Selbe Sache: Provinz, langweiliges, durchschnittliches Leben. Gerade genug Geld, dass man immer irgendwie denkt, gleich wird's besser. Man wird am Laufen gehalten, so dass alles halbwegs funktioniert. Irgendwer verdient Geld daran, man selbst sieht zu, dass man seine Miete zahlen kann. Ein schöner Fim: ganz langsam, viel Landschaft, richtige Menschen, vielleicht ein bischen sozialkitschig.

Far From Heaven

Auf meinem Weg, ein anständiger Einwohner dieser Stadt zu werden, kam ich nicht länger an Chart Busters, der Videothek in der Talbot Street, vorbei. Ich wollte mir The Human Stain ansehen, weil ich vor zwei Jahren den Roman gelesen hatte, den sehr gut fand und nichts von dem Aberglaube halte, dass man zwangsläufig enttäuscht wird, wenn man eine Literaturverfilmung sieht. Außerdem spielen Anthony Hopkins und Nicole Kidman die Hauptrollen. Es gibt einige Schauspieler, die für einen guten Film garantieren: Nicole Kidman, Steve Buscemi natürlich und Benicio del Toro zum Beispiel. Früher hätte ich auch Johnny Depp vorbehaltlos dazugezählt. Heute zähle ich ihn eher in die Reihe der Schauspieler, in deren Filme ich gehen würde, auch wenn sie doof sind. Einfach nur weil die Schauspieler so gut (und/oder schön wie Lucy Liu) sind. Ich konnte jedenfalls nicht nur The Human Stain ausleihen, weil der Film vier Euro pro Nacht kostet und wenn ich noch zwei weitere Filme dazunehme, dann kostet es fünf Euro für drei Nächte. Wicked World, die Logik darin muss ich nicht sehen. Also habe ich mir noch Wilbur und Far From Heaven ausgeliehen.New England: Far From Heaven Julianne Moore spielt in Far From Heaven das was sie immer spielt: eine Hausfrau, die leicht naiv durch die Katastrophe des Alltags schwebt. In Far From Heaven sind es die 50er Jahre: sexuelle Repression, Rassismus und Eiscreme. Angesichts dieser Beklemmungen vor 50 Jahren und der Tatsache, dass man es heute noch für nötig hält, einen Film darüber zu machen, frage ich mich, welche furchtbaren Zwänge jetzt über uns herrschen, die wir dann in 50 Jahren aufarbeiten können.

The Human Stain

The Human Stain ist da etwas näher dran, umfasst jedenfalls einen größeren Zeitraum und reicht bis in die Zeit Monica Lewinskys: "After the fall of communism and before the horrors of terrorism, there was a brief interlude where the nation was preoccupied by cock sucking." Interessanterweise spielen solche Filme in New England, als sei dort der Quell unseres spießigen Zeitgeistes. New England bietet sich an, weil es diese milde beschattete Gegend ist, in der es den Leuten gut geht, wo es Stil und Niveau gibt. Dass die ungebildeten Farmer im staubigen Mitwesten ihre Probleme haben, ist selbstverständlich. Also muss man zeigen, dass es auch im Paradies nicht besser um den Menschen steht. Der Mensch ansich ist fehlerhaft, er ist der Makel - egal, wo er sich befindet. Ich vermisse diese Gegend, ich vermisse den Wald, das Wetter, die Ruhe dort. Überall anders haben die Menschen ähnliche Probleme, mit dem Unterschied, dass es ihnen dabei weit beschissener geht, als in New England - sie sind ärmer, haben ein Scheißwetter, sind ungebildeter (wissen also noch weniger, wie man mit Konflikten umgeht) und leben in einer ungesunden Umgebung. Hier in Limerick (der letzte Ort, an dem man tot überm Zaun hängen möchte) hat eine 50jährige Frau, die in einem kleinen verschimmelten Haus wohnt, die 40 und mehr Jahre lang einfach ein armes beschissenes Leben zwischen Sozialhilfe, schlechtbezahlten Jobs ohne Krankenversicherung und dem lokalen Pub geführt hat, plötzlich 150 Millionen Euro im Lotto gewonnen. Was ist das für eine perverse Welt! Das ist der totale Hohn - für diese Frau, für uns, für alle Menschen. Anstatt wir unseren zweifellos vorhandenen Wohlstand zu Gunsten aller einsetzen, wird so eine arme Frau auf diese extrem ironische Art ihr Leben lang verarscht. Und wir gucken alle zu und sagen, warum habe ich kein Lotto gespielt.

Sin City


Sehr empfehlenswert, auch wenn meine zwei Begleiterinnen nach 30 Minuten mit bleichen Gesichtern und Würgreflex das Kino verlassen mussten um den Terror mit ein paar Bieren zu besiegen. Aber ehrlich: dieser Film ist nicht leicht. Endlose Monologe, flächige Bilder, exzessive Angststimulation – eine Herausforderung. Und eigentlich ist man doch froh, wenn man sieht, wie die Leute das Kino verlassen, während man selbst tapfer bleibt. A propos verlassen: in Irland, wie auch in den USA herrscht die absolute Unsitte, das Kino zu verlassen, bevor der Abspann überhaupt richtig ins Rollen gekommen ist. Ich wette, die meisten Leute kennen nicht einmal den Regisseur des Streifens.

Star Wars III

Das war schon beeindruckend. Man muss nur aufpassen, dass man trotz des einseitigen Angebots nicht nur solche Filme sieht. Aber wenn man schon solche Filme sieht, dann wenigstens diesen oder Matrix. Da kann man wenigstens lernen, dass seit Odysseus und Ödipus im westlichen Universum nicht viel passiert ist. Aber kein Zweifel: große Unterhaltung. Groß, zu grob fast, um da noch etwas auf sich selbst anwenden zu können. Macht und Angst verderben die Seelen, nun gut - als hätte es Nietzsche und Kierkegaard nicht gegeben - aber in unserem Alltag sind das vielleicht Dimensionen, die ganz tauglich sein können. Ganz interessant ist aber Skywalkers Konflikt jenseits von Vater und Mutter, als er seinen Verstand in den Grauzonen zwischen Wahrheit und Täuschung verliert. Erstaunlich, wie man in jenem Moment im Kino denkt: "Ja, das könnte mir auch so gehen." Da hat man in Hollywood auch schon mehr schwarz/weiß produziert. Wobei natürlich der Grundkonflikt einfach Gut gegen Böse bleibt. Aber alleine, dass diese Grauzonen zugelassen wurden, hat mir gefallen. Und letztlich ist die Schwarz-Weiß-Perspektive nichts anderes, als der binäre Operator, der allen Mythen zugrunde liegt, der uns Menschen auch inhärent ist, einfach weil wir uns einen Reim auf die Welt machen, weil wir sie ordnen müssen. Mit zunehmender Kultur und Modernität erlangen wir jedoch auch zunehmend Differenzierungsvermögen, was uns wenigstens dazu in die Lage setzen sollten, neue Geschichten zu erzählen. Die Geschichte dieser Welt ist eben auch nur eine Geschichte.

Donnerstag, September 29, 2005

Film in Dublin?

In einer fremden Stadt kann ein Kino dein Zuhause sein, eine Videothek ein Ort des Trostes, der Fernseher dein neuer bester Freund. Nichts außer ein paar Schuhe, Hosen und Hemden hast du mitgebracht. Und dann gehst du ins Kino und entdeckst, dass du viel mehr dabei hast, als du dachtest. Es ist alles da oben drin. Da oben, dachtest du, da ist das Loch, wo das Bier rein muss. Im Kino – im Gegensatz zum deutschen, darf man im irischen Kino kein Bier dabei haben – im Kino merkst du, dass da oben weit mehr reinpasst als ein paar Pints.

Wenn du dann mit Freunden in Deutschland redest, merkst du, dass sie dich über die Filme ausfragen, die demnächst auch in Deutschland starten. Und voll auf Ökonomie getrimmt, denkst du: "Da ist ein Markt!" Du eröffnest ein AdSense-Konto und schreibst ein Dublin Filmtagebuch – oder markttauglich: Flick Blog.