Montag, Oktober 23, 2006

Little Miss Sunshine (Jonathan Dayton, Valerie Faris, Michael Arndt)

Eine Familie auf dem Weg zu einem kalifornischen Schönheitswettbewerb, auf dem die etwas dickliche und irgendwie vorschnell zur Sekräterin gealterte 7jährige Tochter antreten soll. Die dafür erforderlichen Tanz-Routinen hat sie mit ihrem radikal zotigen drogensüchtigen Opa einstudiert. Der unglaublich idiotisch aussehende Sohn weigert sich zu sprechen, seit er anfing Nietzsches "Also sprach Zarathustra" zu lesen. Der Vater ist eine traurige Gestalt und verkauft Motivationstrainings. Einzig normal scheint die Mutter zu sein. Eine katastrophale amerikanische Familie auf einem Roadtrip. So stereotyp und doch ganz schief. Und das ist das Geheimnis des Films: er stellt die Menschen nicht bloß, sondern macht sie durch ihre unglaublich komischen Macken und die witzigen Interaktionen sympatisch. Sehr schnell liebt man jede Figur. Der Vergleich zu den Simpsons drängt sich auf: Homer, Marge, Lisa, Bart und Grandpa on the road. Diese Folgen gab es, ja Lisa tritt sogar ebenfalls als Außenseiterin ohne Aussicht auf Erfolg bei einem Schönheitswettbewerb auf. Für das Kino ist dieses Genre jedoch völlig originär und irgendwie unentdeckt. Wahrer Humor mit einer Menge Tragik. Sichrlich einer der besten Filme 2006.

Sonntag, Oktober 08, 2006

Volver (Pedro Almodóvar) und The Departed (Martin Scorsese, William Monahan u.a.)

Diese zwei Filme habe ich mit einigem zeitlichen Abstand gesehen und ich nenne sie hier zusammen, weil sie von zwei unterschielichen Welten sind, aber uns daselbe zeigen: Die Männer ruinieren diese Welt und die Frauen tun nichts dagegen. Es ist herrlich zu sehen, wie Volver ohne Männer auskommt, bzw. wie das Leben erst möglich wird, als der einzige Mann - ein vergewaltigender, pädophiler Nichtsnutz - verscharrt wurde. Töchter, Mütter und Großmütter um Penélope Cruz schmeißen den Laden, lieben sich, haben Spaß und füllen das Leben mit Sinn. Wenn man das sieht und sich dabei überlegt, wie zur Zeit diese Welt von Männern, mehr Affen als Menschen, beherrscht wird, kann man sich nur wünschen, dass dieses amüsante und liebenswürdige Konzept, dass uns Almodóvar auf der Leinwand zeigt, Wirklichkeit würde. Es kommt noch ein Mann von einer Filmcrew vor, der mit der Protagonistin anfängt anzubandeln. Er schien nett und intelligent zu sein und eine Liebsegeschichte bahnte sich an. Als Almodóvar das merkte und vielleicht mitbekam, dass eine heterosexuelle Liebesgeschichte das ganze Konzept zerstören würde, ließ er diese Figur einfach aus dem Film fallen - der Mann kommt einfach nicht mehr vor. Schade, hier hätte es nun interessant werden können, wie der Mann in diese weibliche Welt der Liebe und Fürsorglichkeit eingebunden werden kann.

Die Antithese mit deren Hilfe es dann zur oben schon vorweggenommenen Synthese kommt, ist Scorseses The Departed. Die Schauspielerliste: Leonardo DiCaprio, Matt Damon, Jack Nicholson, Mark Wahlberg, Anthony Anderson, Alec Baldwin - um nur die bekanntesten zu nennen. Zwei Frauen spielen im Film mit: die Geliebte des Mafiabosses - ein bloßes Ornament mit Öffnungen - und eine hilflose Polizei-Psychologin, die gewissermaßen als Verkehrsmasse und Erpressungspotential herhält, weil sie gleichzeitig mit dem Bösen (Matt Damon) und dem Guten (Leonardo DiCaprio)schläft und nicht durchsieht. Wenn Volver uns eine Utopie zeigt, dann ist The Departed eine zugespitzte Abbildung der Wirklichkeit. Männer töten reihenweise, schlagen sich, ficken, fressen und reden ausschließlich in Fäkalsprache. Eine gewalttätige Welt, die durch Betrug, Unwissenheit und Machtspiele vor die Hunde geht. Ein komischer Film: faszinierend gewalttätig, ohne Scham oder Gnade, ganz geradeaus und ohne versteckte Bedeutungen. Am Ende sind sie alle tot und nur um den Guten und seinen Verbündeten ist es schade. Einen Rächer gibt es dann auch noch, der überlebt. DiCaprio spielt super, hat es mit dem Character des Guten aber auch leichter als Damon. Was denkt sich dieser Scorsese? Zu Recht, könnte man sagen, ist das amerikanische Kino auf Waffen und Totschießen fixiert. Das Problem dabei dürfte sein, dass es schon lange nicht mehr schockiert, vielleicht sogar cool ist, wie bei Tarantino. Die Moral ist verduftet und das ist einem aufgeklärten Publikum ja auch zuzumuten. Einem aufgeklärten Publikum.