Sonntag, Dezember 09, 2007

The Assassination of Jesse James by the Coward Robert Ford von Andrew Dominik mit Brad Pitt und Casey Affleck)


Ein - wie der 10-Wort-Titel schon andeutet - altmodischer und ausführlicher Film, der großzügig geschnitten ist und viel Zeit auf die Untersuchung der Psychen von Jesse James und Robert Ford verwendet. Zahlreiche Leute haben das Kino vor Filmende verlassen und zwei meiner vier Begleiter haben sich prächtig gelangweilt. Aber was sagt das schon? Das der Film nicht gut ist, oder die Zuschauer oder die Erwartungen nicht eingelöst wurden (schließlich spielt Brad Pitt den Räuber)? Ich habe mich gut in die Landschaften (in Alberta and Manitoba gedreht, in Missouri und Kentucky spielend) hineingesehen, habe mich in die Charaktere Jesse und Robert gut hineinversetzen können. Sehr gefallen hat mir die Komplexität der Figuren, Handlungen waren nicht vorhersehbar und das hielt den Film trotz der Langsamkeit interessant. Ein für einen Western ungewöhnliches Thema war die Medialität, das Überliefern von Geschichte durch Gesang, Fotografie und Theater. Auch die Filmmusik von Nick Cave - der dann auch noch als Salon-Barde mit Gitarre auftrat - hat mir sehr gefallen.

Into the Wild von Sean Penn


Vor etlichen Jahren hatte ich das Buch von Jon Krakauer über den jungen Aussteiger Christopher McCandless gelesen, der kurz nach dem College seine Eltern verlässt und durch die USA nach Alaska zieht. Zu Fuß und per Kajak schlägt er sich durch und findet in der Wildnis einen alten verlassenen Bus. Dort überwintert er, ernährt sich von kleinen Tieren, die er schießt und von Beeren und Pflanzen, die er sammelt. Er hat ein Arten-Bestimmungs-Buch dabei und trotzdem macht er einen Fehler, isst giftige Beeren und wird krank, ohne sich je wieder richtig zu erholen. Er nimmt dramatisch ab und stirbt schließlich. Zwei Wochen später wurde er von Jägern im Bus liegend gefunden. Als den tragischten Moment begreift er selbst den Abschuss eines Elches, dessen Fleisch er dann vollständig an die Fliegen und die Wölfe verliert. Mich hatte dieses Buch natürlich unendlich fasziniert (wie auch Krakauers Into Thin Air, dass noch viel kraftvoller ist). Ich war als Jugendlicher immer der Aussteigertyp und hatte von einem Leben in den Kanadischen Wäldern geträumt. Letztlich ist es dann nicht viel mehr geworden, als ein paar Trips zu Fuß durch den Böhmer Wald und die Pyrenäen, mit dem Fahrrad durch Dänemark und dem Kanu durch die Mecklenburger Seenplatte. Zuletzt dann eben mit dem Auto durch Kanada und die USA, da sieht mann dann schon die Tendenz vom Aussteiger zum Touristen. Trotzdem las ich alle Rüdiger Nehberg Bücher, alles von Rheinhold Messner und selbst die Beschreibungen der historischen Touren durchs Eis (John Franklin, Owen Beattie - siehe Bild - und Sten Nadolny) und natürlich Jack London's The Road und Kerouacs On The Road. Sean Penns Film war natürlich sehr romantisch, etwas idealisierend sicher auch, aber vor allem war er so ein Film, der einen mal wieder die Wahrheit sehen lässt, die man als 20-Jähriger noch täglich fühlen kann. Ich saß jedenfalls im Kino und habe mich wieder erkannt. Der Junge, völlig losgelöst von menschlicher Gesellschaft, zufrieden mit sich alleine, lesend, vor sich hin redend, in Frieden mit seiner Umwelt. Ich denke gerade, dass ich das eigentlich mal wieder machen müsste, wenn auch nur für ein paar Tage.